Thema des Tages: Wie Israels Regierung die Demokratie bekämpft

DER STANDARD DER STANDARD 3/28/23 - Episode Page - 28m - PDF Transcript

Dieser Podcast wird unterstützt von A1.

Ich bin Tobias Holub, das ist Thema des Tages, der Nachrichten-Podcast vom Standard.

Hunderttausende Menschen auf den Straßen, es gibt Ausschreitungen.

Israel ist im Ausnahmezustand.

Seit dem Wochenende demonstrieren Israelis gegen eine umstrittene Justizreform.

Und setzen damit auch die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu unter Druck.

Am Montagabend wurden die Reformpläne wohl deshalb dann vorerst verschoben.

Doch die Sorgen der Bevölkerung, die dürften bleiben.

Wir schauen uns heute an, was da gerade in Israel passiert.

Und ob die Demokratie im Nahen Osten in Gefahr ist.

Wir fragen nach, ob die Protester in Israel wieder auflammen könnten.

Und was das politische Chaos dort auch für westliche Verbündete bedeutet.

Erik Frey, du beobachtest für den Standard.

Unter anderem auch die internationale Politik.

Und da haben wir in den letzten Tagen aus Israel Bilder, zum Beispiel im Fernsehen von massiven Protesten in der Bevölkerung,

gesehen. Die haben wirklich dramatisch ausgesehen.

Kannst du kurz beschreiben, was sich da auf den Straßen in Israel abgespielt hat?

Ja, schon seit Wochen gab es Proteste gegen diese Rechtsregierung von Premier Netanyahu

und seinen Koalitionspartnern, die ultra-religiös oder sogar rechtsextrem sind.

Und diese Proteste haben in den vergangenen Wochen immer mehr zugenommen

und sind am vergangenen Wochenende schließlich auf einer Weise eskaliert.

Es waren hunderttausende auf der Straße, die ganze Nacht, ein Volk war in Aufruhr.

Also dieses Land hat sich erhoben gegen die Politik ihrer eigenen Regierung,

die eine sehr knappe Mehrheit in Parlament in der Knee set hat.

Und vor allem gegen eine Maßnahme, die Justizreform.

Von dieser Justizreform in Israel hört man eben, wie du gesagt hast ja schon seit Wochen,

kannst du kurz erklären für Menschen, die sich mit dem israelischen Staatssystem

vielleicht auch nicht unbedingt auskennen, was soll denn durch diese Reform eigentlich geändert werden?

Israel hat aus historischen Gründen keine Verfassung, keine geschriebene Verfassung.

Und es hat einen obersten Gerichtshof, der in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend dazu übergegangen ist,

gewisse Gesetze, die auch die Menschenrechte, Grundrechte sichern, als eine Art Verfassung zu sehen

und Maßnahmen von jeder jeweiligen Regierung, die dagegen verstoßen, einfach für illegal zu erklären

und damit außer Kraft zu setzen.

Und diese Macht des obersten Gerichtshofs ist denn vor allem Rechtsparteien in Israel in Dorn im Auge,

weil es ja auch um die Möglichkeit der Besatzungsbehörden in Westjordanland geht,

sich einfach auch über gewisse Regeln und Menschenrechtsregeln hinwegzusetzen

und außerdem war die ganze Justiz schon für Premier Netanyahu ein riesiges Problem,

weil er angeklagt ist wegen verschiedensten Delikten mit Korruption und Amtsmissbrauch

und sich da auch hier immer mehr von der Justiz bedrängt gefühlt hat.

Und so ist diese Regierung, nachdem sie gebildet wurde, hat sie beschlossen,

wir werden mit einem Federstrich die Justiz entmachten.

Wir werden damit beginnen, die Art, wie die Richter ernannt werden, da eine viel stärkere politische Kontrolle darüber zu gewinnen,

indem das von der Regierung geschieht und nicht mehr vom bestehenden Richterkolleg.

Der zweite wichtige Punkt, den Netanyahu ganz persönlich wichtig war,

ist, dass Ministerinnen und Minister nicht mehr aufgrund von strafrechtlichen Verurteilungen

von Höchstgericht für Amtsunfähiger klärt werden könnten.

Das ist einem Parteichef einer ultra-religiösen Partei auch passiert.

Droht aber auch Netanyahu, wenn er endgültig einmal verurteilt wird.

Dem wollte er vorbeugen, indem diese Möglichkeit eingeschränkt wird.

Und der dritte Punkt, der wahrscheinlich die größte Aufregung hervorgerufen hat, war,

zu sagen, ein Beschluss des Obersten Gerichtshofs kann von der einfachen Mehrheit im Parlament,

also von 61 von 120 Stimmen, einfach aufgehoben werden.

Und damit hätte das Parlament keinerlei Kontrollinstanz mehr,

damit wäre diese Gewaltentrennung, die viele als Grundlage der Demokratie sehen, aufgehoben.

Und das Oberste Gerichtshof hätte eigentlich sehr, sehr wenig noch zu sagen.

Und was kritisieren jetzt konkret diese vielen, vielen Demonstrierenden an dieser geplanten Justizreform?

Diese Reform, die Netanyahu als eine technische Reform verkauft hat,

sagt, ach, das ist ja alles nicht so wichtig, wir ändern nur ein paar Gesetze,

wir versuchen hier nur ein bisschen, das Gewicht hier zwischen Justiz und Parlament und Regierung zu verschieben,

wurde von sehr vielen Kommentatoren, von Experten und zunehmend auch von der Öffentlichkeit

als ein massiver Angriff auf die israelische Demokratie gesehen.

Man hat sehr viel von der Orbanisierung israels gesprochen oder sogar von der Putinisierung,

dass dann jemand wie Netanyahu einfach dann Macht erringt und dann auch in der Lage ist, die nicht mehr herzugeben.

Und führende, intellektuelle und Figuren wie Juval Harari, der Bestsellerautor, der Historiker,

hat davor den Ende der Demokratie gewarnt, viele andere.

Und dieses Gefühl, uns für die Demokratie gestohlen, hat immer mehr Menschen auf die Straße gebracht.

Dazu kam aber noch eine andere Sache, diese Bewegung war auch getragen vom Zorn von so vielen Israelis,

die einfach nicht religiös sind, die säkulareingestellt sind, die das Land nicht in eine Theokratie verwandelt sehen wollen

und die auch nicht unbedingt die groß israelischen, groß jüdischen Träume haben,

der rechten Parteien, die das gesamte Westjordanland aus Teil zu Israel machen wollen

und wahrscheinlich die Palästinenser einfach vertreiben wollen.

Von denen kam auch ein zunehmender Zorn über diese extreme rechte Ausrichtung dieser Regierung

und da war die Justizreform ein bisschen so das Symbol für das, wo sie fürchten, dass das Land hingehen könnte.

Und als zusätzlichen konkreten Anlassfall für die Proteste,

habe ich auch davon gehört, dass der israelische Verteidigungsminister abgesetzt wurde, wirst du es dazu gekommen?

Ja, das hatte folgende Vorgeschichte, eines der Gruppen, die sich zunehmend gegen die Regierung in ihre Pläne gestellt haben,

waren die Reserveoffiziere der israelischen Armee oder auch die Reservepiloten der Luftwaffe.

Israel hat ja eine sehr starke Armee, aber sie lebt auch davon nicht von den jungen Rekruten, die jetzt in der Armee sind,

die das auch mehrere Jahre sein müssen, sondern jeder, der einmal gedient hat, kann jederzeit wieder einberufen werden

und das ist der Rückgrat dieser Armee und damit auch der Sicherheit dieses Staates, der ja doch immer noch von Feinden umgeben ist.

Und immer mehr von diesen Reservisten haben erklärt, wenn es zu dieser Justizreform kommt, dann wird die Regierung illegal und illegitim,

dann werden wir dort nicht mehr dienen. Und als das immer mehr zugenommen hat, dieser Boykott der Reserveoffiziere,

hat der Verteidigungsminister, der eigentlich ein sehr treuer Parteigänger von Netanyahu ist, der auch ein enger Verbündeter ist, plötzlich gesagt,

das geht nicht mehr weiter. Auch wenn er persönlich vielleicht für die Justizreform ist, die Argumente dafür versteht,

das gefährdet die israelische Sicherheit, das gefährdete Verteidigungsfähigkeit.

Zuerst wollte er schon vor einigen Tagen dazu aufrufen, dass die Reform gestoppt wird oder zumindest verschoben wird.

Dann hat Netanyahu ihn zu sich gerufen, hat ihm versprochen, er wird etwas tun, hat dann aber eine Rede gehalten, wo er eigentlich nur erklärt hat,

er macht weiter. Und schließlich am Sonntag hat der Verteidigungsminister öffentlich erklärt, Netanyahu aufgefordert,

tut diese Reform, stoppe sie oder verschiebe sie zumindest, verhandelt darüber, so können wir nicht weitermachen.

Und Netanyahu's Reaktion war, er hat ihn einfach ausgeschmissen, statt hier auf einen Dialog einzugehen oder zumindest die Forderungen,

irgendwie in Betracht zu ziehen. Und dieser Rausschmiss hat noch einmal den Zorn der Bevölkerung, der Protestierenden,

noch einmal unglaublich angefeuert, es sind noch einmal zigtausende mehr auf die Straße gegangen, der Generalstreik wurde dann ausgerufen

von der Gewerkschaft, der Flughafen, Ben-Gurion, die wichtigste Verbindung des Landes zum Rest der Welt war blockiert.

Und in dieser Atmosphäre hat plötzlich Netanyahu dann gesagt, er muss etwas tun und er kann so nicht weitermachen.

Und wie war dann die Reaktion von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu auf diese sehr umfassende Kritik?

Die war etwas kompliziert, weil eigentlich haben die Medien schon gesagt, in der Früh ergibt sie jetzt auf, er wird die Reform verschieben.

Aber da hat es stundenlang gedauert, bis er schließlich die Ankündigung gemacht hat. Und der Grund war, dass seine ultrarechten Koalitionspartner,

vor allem das Sicherheitsminister Ben Kvier, ihm gedroht haben, wenn du diese Reform stopst, dann verlassen wir die Koalition,

dann sprengen wir sie, die ist uns so wichtig. Sie haben ihn praktisch erpresst und er hat dann erst einen Weg gefunden,

indem er Ben Kvier ein anderes Zugeständnis gemacht hat, nämlich eine Art von Privatmiliz zu geben,

was ja auch demokratiepolitisch eine höchst fragwürdige Sache ist. Und erst dann hat er dann diese Ankündigung gemacht,

wir werden die Reform aber nicht absagen, sondern nur verschieben für einige Wochen die nächsten Schritte im Parlament,

auf die Zeit auch nach dem jüdischen Osterfest, dem Pesachfest, und das sollte dann erst wieder irgendwann wahrscheinlich im Juli abgeschlossen werden.

Das heißt, die Reform ist nicht tot, sie ist einmal verschoben, aber zumindest ist eine Chance da, dass einmal ein nationaler Dialog darüber stattfindet.

Um so ein Dialog und das Verschieben dieser umstrittenen Justizreform, die Kritikerinnen, die Protestierenden zufrieden stellt, das können wir gleich noch genauer besprechen und auch darüber,

in der ganzen Geschichte spielen. Wir machen eine kurze Werbepause und sind gleich zurück.

Ich bin die Franziska. Ich bin der Martin. Und wir wollen besser leben. Lohnt sich 10.000 Schritte zugehen jeden Tag?

Ist das Großraumbüro wirklich so schlecht wie sein Ruf? Spoiler Ja, bringt zwar Sintervall zu Fasten. Wir fragen die,

die es wirklich wissen und probieren es auch gleich selber aus. Bei besser leben jeden Donnerstag eine neue Folge.

Erik, die israelische Justizreform ist jetzt aufgeschoben, aber nach aktuellem Stand ist sie eben nicht abgesagt und es sind auch noch keine größeren Änderungen angekündigt worden.

Glaubst du denn dann wirklich, dass das Kritikerinnen zufriedenstellen wird oder muss es da noch inhaltliche Änderungen geben, damit es nicht zu neuen Protesten kommt in Israel?

Die gesamte Protestbewegung und die Opposition ist im Moment gespalten. Die einen sagen, geben wir Netanyahu jetzt eine Chance.

Versuchen wir diese Reform auf eine Basis zu stellen, die demokratipolitisch akzeptabel ist. Gewisse Schritte sind ja zumindest diskutierbar.

Die anderen sagen, nein, das ist ein typischer Trick des ewigen Taktikers Netanyahu. Er versucht nur jetzt einmal den Wind aus den Segeln zu nehmen und wird dann, wenn irgendwann sich die Sache beruhigt hat, das Ganze noch einmal versuchen durchs Parlament durchzubringen,

bevor wir links und rechts schauen. Und wir dürfen jetzt diese Energie, die da entstanden ist, nicht nachlassen. Wer von den beiden Recht hat, wissen wir nicht.

Die Gewerkschaft hat den Streik abgesagt. Die hat gesagt, doch, wir können jetzt am Moment damit leben.

Die zwei wichtigsten Oppositionsführer, Benni Ganz und Jelapid, haben auch gesagt, wir sind bereit zu einem Dialog mit Netanyahu.

Die Chefin der Arbeitspartei, die noch weiter links steht, sagt, nein, ein Dialog mit Netanyahu bringt überhaupt nichts.

Sein einziger Plan ist immer, uns über den Tisch zu ziehen. Wir müssen weiter protestieren. Aber aufgrund dessen kann man davon ausgehen, dass auch wenn jetzt die Proteste weitergehen,

dieses Ausmaß, diese Dramatik, die die letzten Tage hatten, wird man nicht mehr sehen.

Erik, du hast schon angesprochen, dass es ja seit einigen Monaten erst in Israel eine sehr weit recht stehende, teilweise religiös motivierte Regierung gibt. Sehen wir da jetzt bei dieser Justizreform wirklich den Einfluss von diesen sehr rechten Parteien in dieser Regierung?

Absolut. Es gibt auch einige Juristen, die finden, dass Gleichgewicht der Macht zwischen Judikatur und Regierung ist aus dem Lot. Da gibt es auch amerikanische jüdische Experten, die das unterstützen.

Es gibt auch Thinktanks, die in diese Richtung argumentiert haben. Aber das wäre eine Grundlage für eine Art von Verfassungskonvent, wo man einfach einen großen Dialog beginnt und sagt,

wir suchen ein bisschen hier bessere Regeln herzustellen. Aber es scheint wirklich sehr stark zu sein, dass diese eine rechtsnationalistische Partei einfach die Fesseln, die in das Höchstgericht in der Vergangenheit,

aber ohnehin auf eine sehr moderate Weise den Sicherheitsbehörden der Armee gelegentlich auferlegt hat, wenn es um die Vertreibung zum Beispiel von palästinensischen Dörfern oder das Niederreißen oder das Zerstören von Häusern geht

und auch die Legalisierung von ursprünglich illegalen Siedlungen, dass sie das einfach loswerden wollen, dass sie eine freie Hand haben wollen.

Und das Westjordanland, wo ja trotz der großen Zahl jüdischer Siedler immer noch die palästinenser die massive Mehrheit haben zu sagen, nein, das machen wir jetzt zu einem Teil des jüdischen Staates.

Diese Annexionspolitik, die sie betreiben wollen, da sehen sie das Höchstgericht hier als ein Bremser oder sogar als ein Hindernis. Und das andere aber ist Netanyahus persönliches Interesse.

Er möchte nicht im Gefängnis landen und glaubt, er muss die Justiz jetzt entmachten, bevor sie ihm zu gefährlich wird.

Was denkst du denn, was für Folgen diese ganze Geschichte für den israelischen Ministerpräsidenten für Benjamin Netanyahu noch haben könnte? Er hat da jetzt sehr viel Gegenwind aus der Bevölkerung für seine Regierungsarbeit bekommen.

Denkst du, dass er tatsächlich in nächster Zeit seine Macht verlieren könnte?

Das ist im Moment sehr, sehr schwer zu sagen. Die Koalition hat eine Mehrheit, eine knappe Mehrheit aber doch, auch wenn sie Mehrheit sogar etwas größer ist als ihnen die Stimmen Mehrheit gegeben hat bei der letzten Wahl, weil zwei auch Parteien vom anderen Lager es nicht in das Parlament geschafft haben.

Und sowohl der Likudblock von Netanyahu, der jetzt absurderweise fast der gemäßigte Teil dieser Koalition ist, die zwei ultra-religiösen Parteien und diese rechtsnationalistische Partei, die auch wiederum im Bündnis ist von mehreren ursprünglichen, getrennt agierenden Parteien,

all die wollen, dass diese Regierung am Leben bleibt und solange keiner von denen ausschert und sagt, wir treten aus oder solange zum Beispiel der im Likud es nicht zu einer Revolte gegen Netanyahu kommt, kann diese Regierung weitermachen.

Ob es ihr aber gelingt, diese Justizreform oder zumindest den Großteil durchzusetzen, ohne noch einmal das Land in eine solche Krise, in solche Turbulenzen zu stürzen, wie wir die letzten Tage gesehen haben, das weiß man nicht.

Netanyahu wird wahrscheinlich nachgeben müssen, aber es ist sehr schwer nachzugeben oder auch nur Kompromisse einzugehen, wenn in der Koalition Männer sitzen, die sagen, Kompromisse sind einfach gift und sind schädlich und das tun wir einfach nicht, wir müssen hier mit aller Radikalität alles durchsetzen.

Also es kann noch immer sein, dass diese Regierung irgendwann einmal über ihre eigenen, ihre Radikalität und ihren fehlenden Dialogbereitschaft stürzt, aber ihr Überlebenswille dürfte auch sehr, sehr stark sein.

Welche Rolle spielen denn in der ganzen Geschichte internationale PartnerInnen? Israel ist ja sehr eng verbündet mit den USA, aber auch mit Europa.

Die USA dürfte in den letzten Wochen die US-Regierung von Präsident Joe Biden ganz massiven Druck auf Israel ausgeübt haben, auf Netanyahu vor allem persönlich ausgeübt haben.

Weil für die starke Unterstützung, die Israel in den USA erhält, auch von allen, von beiden Parteien, von den Demokraten, von den Republikanern, von der jüdischen Bevölkerung, aber auch von christlichen Evangelikalen und von den Medien überall, die basiert auch auf dem Argument, Israel ist die einzige wirkliche Demokratie in diesem Teil der Welt.

Sie teilen unsere Werte, sie gehören zu uns und dieses Bild von einem Land, das dann wichtige demokratische Werte aufgibt und gerade aus amerikanischer Sicht ist die Gewaltenteilung, dass checks and balances, etwas, was wirklich zum DNA einer Demokratie gehört, würde es sehr, sehr schwer machen, zukünftigen Regierungen zu sagen, ja, wir geben Israel weiterhin so viel Unterstützung, auch militärisch und politisch und auch finanziell.

Und deswegen hat Biden hier sehr viel Druck ausgeübt, Netanyahu selbst, sein Verkaufsargument, wie er sich auch immer wieder israelischen WLAN gegenüber als der Garant der Sicherheit präsentiert ist, weil er sagt, ich habe so gute Beziehungen zu den USA.

Und dieser Druck oder diese massive Kritik, die auch beiden öffentlich ausgesprochen hat, die auch von Vertretern im Kongress und anderen kamen, die dürfte sicher einen Eindruck gemacht haben und könnte auch im Ende den Ausschlag gegeben haben.

Was sich die Europäer über Israel denken, das dürfte dieser Regierung weniger wichtig sein, aber anderen Israel ist das ja auch nicht ganz egal, ob man jetzt als Leuchtturm der Demokratie oder als Bananenrepublik in der Öffentlichkeit erscheint.

Erik, jetzt haben wir davon gehört, dass in Israel die Gewaltentrennung ganz massiv eingeschränkt werden könnte, das politischen Einfluss, Aufgerichte geben könnte. Wir haben davon gehört, dass ein Ministerpräsident möglicherweise in diese Richtung Druck ausübt, damit er selbst nicht ins Gefängnis muss.

Und die Bevölkerung von Israel geht gegen das Ganze auf die Straße. Wisst ihr eine Gesamteinschätzung, wie groß ist aktuell die Gefahr für die israelische Demokratie?

Ich glaube ja nicht, dass selbst wenn die Justizreform durchgezogen werden würde, dass dann Israel aufhört eine Demokratie zu sein, aus dem einfachen Grund, weil die Gegenkräfte so stark sind.

Also das, was man in den letzten Tagen und Wochen gesehen hat, dieser massive Aufstand einer Zivilgesellschaft mit all ihrer Kraft ist etwas, was wir in Ungarn auf diese Weise nicht gesehen haben, in Polen auch nicht und in Russland schon gar nicht.

Also das Szenario, dass Israel auf dem Weg in die Diktatur ist, das habe ich nie geteilt und nicht gesehen, aber ein Land, das keinerlei Lösung hat um zwischen einer Regierung, die sagt, ich setze etwas durch und einer Bevölkerung, die sagt, nein, das lassen wir nicht zu, wo es keinen Mediator gibt, der hier keinen Kompromisse finden kann, die stürzt zwar nicht in die Diktatur, aber sie stürzt nicht nur in eine Polarisierung, sondern in massive Unruhen und könnte sogar in eine Art von Bürgern,

in eine Art von Bürgerkrieg münden. Und diese Angst vor dem Bürgerkrieg, sowohl einerseits von einer massiven Protestbewegung auf der Straße, aber auch von zunehmend radikalisierten, gewalttätigen rechten Gruppen, Milizen, vor allem von den Siedlungen im Westjordanland ausgehend, die dann wieder auch hier schon den Protestierenden gedroht haben.

Dieses Szenario war das, was am meisten Menschen Angst eingeflößt hat. Und dieses Szenario ist noch nicht vom Tisch, wenn nicht jetzt in den kommenden Wochen Netanyahu mit seiner Koalition zusammen einen Weg des Dialogs und der Kompromissuche einschlägt.

So wichtig ist es, dass auch internationale Medien jetzt auf die Situation dort schauen. Und wir haben ja auch gehört, dass gerade die Menschen in Israel das mit Agus Augen beobachten, was in ihrer Politik passiert. Danke, dass du uns heute geholfen hast, das besser zu verstehen.

Erik Frey.

Sehr gerne.

Wir sprechen jetzt in unserer Meldungsübersicht, gleich noch über aktuelle Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, einerseits gegen die FPÖ, aber auch gegen die Grünen. Wenn Ihnen diese Folge von Thema des Tages bis hierhin aber schon gefallen hat, dann abonnieren Sie uns am besten jetzt gleich auf Ihrer liebsten Podcast-Plattform, dann verpassen Sie auch keine weitere Folge mehr.

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Gibt es außerirdisches Leben?

Haben Tiere ein Bewusstsein?

Können wir durch die Zeit reisen?

Es gibt so viele große Fragen, die uns Menschen seit Jahrtausenden beschäftigen.

Aber erst jetzt kann die Wissenschaft Antworten daraus liefern.

Oder neue Rätsel entdecken. Ich bin Tanja Traxler.

Und ich bin David Renert. Im Standard-Podcast Rätsel der Wissenschaft gehen wir großen Fragen der Menschheit auf die Spur.

Wir fragen Wissenschaftlerinnen, was in Schwarzen Löchern passiert, wo die Aliens bleiben und die Fusionskraftwerke und wo die Mathematik an ihre Grenzen stößt.

Rätsel der Wissenschaft, jeden Mittwoch eine neue Folge.

Und hier ist, was Sie heute sonst noch wissen müssen.

Erstens, die Proteste gegen die europäische Gaskonferenz in Wien gehen weiter.

Unter anderem haben sich AktivistInnen von der Fassade des Veranstaltungsortes, nämlich das Hotels Marriott am Ring, abgeseilt und enttransparent aufgehängt.

FossilCrimes war da zu lesen. Aber auch im niederösterreichischen Schwächert wurde protestiert.

Demonstrierende blockierten dort die Gleise des dort ansässigen Mineralölkonzerns OMV.

Wer an der Gaskonferenz teilnimmt, was da besprochen wird und warum sie ausgerechnet jetzt noch immer für so heftige Proteste sorgt,

das haben wir in der gestrigen Folge von Thema des Tages schon beleuchtet.

Also sehr gerne auch nochmal nachhören, wenn Sie es noch nicht getan haben.

Zweitens, die Wirtschafts- und Korruptionstaatsanwaltschaft, kurz WKSDA, ermittelt dem Umfeld der FPÖ wegen des Verdachts auf verbotene Parteienfinanzierung.

Konkret soll der FPÖ-Nahle Förderverein Helios einen Kredit von der Reifeisenbank über rund 5 Millionen Euro erhalten haben

und diesen anschließend an die Bundespartei weitergeleitet haben.

Angeblich deswegen, weil das Kreditinstitut keine direkten Kredite an die FPÖ vergeben wollte.

Die haben dabei unter anderem Ex-Parteichef Heinz-Christian Strache und Eduard Schock,

der ist aktuell Direktor der Österreichischen Nationalbank, auf einem freiheitlichen Ticket.

Nähere Details aus den Ermittlungen sind noch nicht bekannt, für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

Drittens, wir bleiben noch bei der WKSDA, die ermittelt nämlich auch im Umfeld des insporger Bürgermeisters Georg Willi von den Grünen,

in diesem Fall wegen des Verdachts auf Untreue und Amtsmissbrauchs.

Stein des Anstoßes waren in diesem Fall Sonderverträge, die Willi mit seiner Ex-Personalamtsleiterin ausgehandelt hatte.

Das zuständige Kontrollamt hatte zuvor schon die hohen Zulagen und Sonderausgaben für einzelne Mitarbeiterinnen in Willis Umfeld kritisiert

und wenig später hatte der Staatssenat die betroffene Personalchefin dann auch abberufen.

Der involvierte insporger Bürgermeister Georg Willi wird allerdings von der WKSDA aktuell als Verdächtiger geführt

und nicht als Beschuldigter, wie es von der Behörde heißt.

Und vierten, erstmals in Europa wird in einigen Wochen ein vollständiges Skelett eines Tyrannosaurus Rex versteigert.

Wer das 67 Millionen Jahre altes Skelett ersteigern möchte, der oder die muss allerdings tief in die Tasche greifen,

denn der Rufpreis liegt bei rund 5 Millionen Euro.

Das Auktionshaus erhofft sich aber einen deutlich höheren Verkaufspreis und rechnet mit Einnahmen in der Höhe von bis zu 8 Millionen Euro.

Der T-Rex hört übrigens auf den Namen Trinity, weil das fast zwölf Meter langes Skelett aus den Knochen von drei unterschiedlichen Vertreter

innen der ikonischen Dinosaurier Spezies besteht.

Die Auktion ist in der Wissenschaftswelt nicht unumstritten.

PaläontologInnen befürchten nämlich, dass Trinity in eine Privatsammlung verschwinden könnte und ihnen so wertvolles Forschungsmaterial entgeht.

Mehr Infos zu Trinity und ein Foto des umstrittenen Dinosauriers finden Sie auf der Standard.at und dort können Sie auch alles weitere zum aktuellen Weltgeschehen nachlesen.

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Hunderttausende Menschen haben gegen eine Justizreform demonstriert, die Israels Demokratie gefährdet. Nun wurde die Reform verschoben, aber löst das die Probleme?

Hunderttausende Menschen auf den Straßen, Proteste, Ausschreitungen – Israel ist im Ausnahmezustand. Über das Wochenende hinaus demonstrierten Israelis gegen eine umstrittene Justizreform und setzten damit die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu unter Druck. Am Montagabend wurden die Reformpläne dann vorerst verschoben. Doch die Sorgen der Bevölkerung bleiben.

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