Radio Bremen Radio Bremen 2/28/23 - Episode Page - 42m - PDF Transcript

Ich hab halt nicht den Hauch einer Ahnung gehabt, was da auf mich zukommt.

Und das ist so ein schwerer Moment manchmal,

dass ich denke, die Hochzeitsparty war sozusagen

die letzte große Feier meines Lebens.

Und das ist so ein verrückter Zufall, weil ich wusste es ja einfach nicht.

Ich dachte, das ist jetzt der Anfang eines neuen

schönsten Lebensabschnitts der Welt für mich so.

Und im Nachhinein denke ich mir ganz, ganz oft verdammt,

wenn du gewusst hättest, was kommt.

Ich hätte diese Nacht quasi niemals enden lassen wollen,

vier Wochen danach ging einfach alles back up.

Und mein Leben war nicht mehr das, was es vorher war.

Und alles, was ich mir zu diesem Zeitpunkt ausgemalt hab,

über mein Leben, egal ob in Bezug auf mein Beruf,

in Bezug auf meine Beziehung, in Bezug auf meine Gesundheit,

mich, meine Psyche, alles ist halt anders gelaufen,

als ich es zu diesem Zeitpunkt geahnt und mir gewünscht hätte.

Das ist Visaví.

Erfolgreiche Podcasterin, Autorin und Musikjournalistin.

Seit Ende 2021 leidet sie nach einer Corona-Infektion an Long

oder genauer gesagt Post-Covid.

Vorher topfit, bestimmen Visavís Leben jetzt,

Diabetes und lebensgefährdende Herzprobleme.

Lange Aufenthalte in Krankenhäusern,

endlose Besuche in Arztpraxen,

ewiges Warten auf mögliche Diagnosen und... Angst.

Pytin Long Covid ist ein Bremenvier-Podcast

für die ARD-Audiothek, in dem Visaví von ihrer

gesundheitlichen Achterbahnfahrt erzählt.

Ich bin Malin Kompah, Moderatorin und Redakteurin

und höre wie ihr vor allem zu.

Hallo, Lotti.

Hallo, hallo, hallo. Schön, dich zu hören.

Schön, dich zu hören.

Erst mal danke und natürlich auch viel Respekt dafür,

dass du dich bereit erklärt hast, deine Story mit uns zu teilen.

Also, ja, das kostet tatsächlich ein bisschen Mut, muss ich zugeben.

Ich hab wirklich jetzt schon Angst, dass ich sehr viel weinen werde

und dass es schwierig wird, aber ich kann das Danke direkt zurückgeben,

weil ich find das so toll, dass du und ihr euch,

alle Menschen, die jetzt mit dem Podcast hier zu tun haben,

dass ihr euch damit beschäftigt und dass ihr mir auch die Möglichkeit gibt,

das einfach noch mal ein bisschen ausführlicher und intensiver zu erzählen

und vielleicht auch manche Dinge zu beleuchten,

die ich noch gar nicht bislang besprochen habe.

Und deswegen, ich bin froh, dass wir das machen können zusammen.

Wie geht's dir denn in diesem Moment, wie geht's dir gerade?

Ich hab vorhin gedacht, ja, es ist eigentlich ein perfekter Tag,

um diesen Podcast zu starten.

Weißt du, wie richtig scheiße gegen heute schon?

Also, ich hab heute einen ganz schlimmen Ruhepulz wieder.

Ich hab einfach, also so, obwohl ich ja Medikamente dagegen nehme,

aber mein Puls ist teilweise einfach bei 130,

obwohl ich einfach nur Liege und nichts mache.

Ich hab einen ganz hohen Blutdruck heute,

obwohl ich auch dagegen Medikamente nehme.

Und ich weiß nicht, warum die letzten Nächte

bin ich nachts wach geworden von ganz krassem Herzstechen.

Und das hatte ich so erst ein, zwei Mal.

Also, irgendwas ist gerade auch schon wieder im Gang.

Ich weiß nicht, was.

Ja, und das führt natürlich dazu, dass ich wenig geschlafen habe,

dass ich einfach durch bin, dass ich total schnell außer Atem bin

und mich einfach überhaupt nicht fit fühle.

Und früher hätte ich 100 Prozent,

wenn ich jetzt eine Aufnahme hätte für irgendwas,

hätte ich gesagt, okay, Entschuldigung,

ich kann leider heute nicht, ich muss absagen.

Aber mittlerweile ist das halt schon...

Also, heute ist nicht komplett ein Normalzustand im Krank sein.

Heute schon ein bisschen doller Krank sein wieder als sonst.

Aber es ist halt meine Realität und irgendwie find ich's auch,

wie gesagt, ganz passend,

dass wir ausgerechnet heute anfangen,

hier unseren Covid-Podcast aufzunehmen.

Ich find's jetzt schon krass,

dass du auf so eine Frage einfach auch eine ehrliche Antwort gibst.

Weil ich stell immer ganz oft fest,

dass man dazu ja tendiert, auch wenn's einem nicht so gut geht,

zu sagen, oh, wieso geht mir gut, weil ich will keine Nachfragen.

Es ist natürlich klar, dass es ja hier darum geht, zu sagen,

wie es dir geht, aber hast du das im normalen Leben überhaupt noch?

Dass du quasi mit Danke gut oder wie man mir ganz okay antwortest?

Das Verrückte ist, manchmal, wenn ich so merke,

dass jemand so eine Floske liege, wie geht's dir Frage stellt,

dass ich manchmal einfach gar nicht antworte.

Und das kriegen Menschen auch oft nicht mit,

weil sie eben nur so fragen, wie geht's dir oder geht's dir gut.

Und ich hab aber bei Menschen, die mich besser kennen

oder die mir näherstehen, die Problematik,

wenn dann jemand so sagt, ich hoff, es geht dir gut,

dann kann ich das nicht so stehen lassen.

Das find ich selber superunangenehm, aber ich kann dann nicht sagen,

ja, weil das einfach gelogen ist.

Und deswegen sage ich dann ganz oft, leider ehrlich gesagt nicht,

aber naja, so ist es halt.

Und dann versuch ich trotzdem, ich will ja auch nicht jeden,

jedes Mal damit belasten, dass wir dann immer zu Beginn

jedes Gesprächs erst mal drei Stunden darüber sprechen müssen,

wie schlecht es mir geht.

Deswegen will ich vor allen Dingen auch meinen engsten Menschen

nichts vormachen.

Und du bist ja jetzt hier auch, also ich meine,

wir sind jetzt hier auch eng miteinander.

Ich dachte jetzt auch hier in diesem Podcast soll ich auch erst recht

nicht so tun, als ginge ist mir fabelhaft oder so.

Eng muss man an der Stelle mal relativieren,

weil du in deinem Schlafzimmer in Berlin sitzt

und ich in einem kleinen gemütlichen Studio bei Radio Bremen.

Weil es tatsächlich so ist, dass du nicht unbedingt rausgehst,

gerade wenn es nicht sein muss, oder?

Also aktuell, und das ist verrückt,

weil eigentlich hab ich ja auch immer unfassbar viele Arzttermine,

aber jetzt hab ich mal ein paar Tage keinen Arzttermine gehabt.

Und das bedeutet, dass ich auch einfach jetzt,

glaub ich, seit, keine Ahnung, also ich weiß nicht,

seit mehreren Tagen definitiv gar nicht mehr das Haus verlassen habe.

Und auch schon seit Monaten nur noch das Haus verlasse,

um eigentlich ins Krankenhaus oder zu irgendein Arzttermine zu gehen.

Ich gehe privat, ich glaub, ich war einmal spazieren,

aber heute hab ich ein bisschen Kraft, ansonsten seit November.

Also jetzt, heute, jetzt ist, glaub ich, am Februar,

es ist der dritte Monat, also seit drei Monaten

bin ich quasi nur noch draußen, um zum Arzt zu gehen.

Das ist krass. Wie oft warst du diese Woche beim Arzt?

Also diese Woche noch gar nicht so oft, muss ich sagen.

Was für mich ein Wunder ist, aber so normal ist für mich eigentlich

pro Woche, ja, so drei bis vier Termine und meistens,

also es gibt auch Tage an denen, hab ich drei Termine auf einmal

und dann wieder noch an einem anderen Tag,

aber was für mich auch so krass ist, es passiert dann auch mal,

dass ich in einer Woche irgendwie drei Blutabnahmen,

einen MRT und einen CT habe oder so, und alles so auf einmal kommt.

Und dann gibt's aber auch mal wieder Tage oder Wochen,

wo ich nur in Anführungszeichen in Termin bei der Diabetologin habe,

einen Termin beim Rheumatologen

und in der nächsten Woche erst wieder beim Kaliologen oder so.

Also ganz genau kann ich es nicht sagen,

aber es vergeht eigentlich keine Woche ohne einen Termin,

das gibt's gar nicht.

Gibt's Tage, an denen du das nicht mal schaffst?

Zum Arzt zu gehen, meinst du.

Das ist so krass, weil ich bin so verzweifelt,

dass ich keinen einzigen Arzttermin bislang abgesagt habe,

weil es sich anfühlen würde, als würde ich meine Chance,

irgendetwas Neues herauszufinden

und damit dem Schritt der Heilungen ein Stück näherzukommen,

dann würde ich mir das verbauen in dem Moment.

Und deswegen, egal, wie schlecht das mir ging,

egal, wie wenig ich geschlafen habe, egal, was für Kopfschmerzen ich habe,

oder wie schlimm mein Puls oder mein Herz oder was auch immer ist,

ich bin zu jedem einzelnen Termin gegangen

und teilweise auf manche Spezialisten-Termine wartet man ja auch Monate.

Und deswegen, dass es für mich dann so durchzieht, egal, was kommt,

da muss ich dann hin einfach.

Jetzt stelle ich mir vor, und das kennen wahrscheinlich Menschen,

die lange krank waren und sich nicht viel bewegen konnten zum Beispiel.

Wie ich das bei dir raushöre, ist es ja tatsächlich so,

dass du auch jede Art von Anstrengung gerade vermeiden musst, ne?

Ja.

Also, das ist auch das Ding nicht nur, dass ich es vermeiden muss,

sondern mein Körper vermeidet es quasi auch,

weil sobald ich mich ein bisschen anstrenge, wird mir schwindelig.

Ich kriege keine Luft mehr, ich kriege so krasses Herzrasen,

ich muss mich irgendwie hinsetzen.

Das Problem ist wirklich, es geht mir tagelang schlecht.

Wenn ich mich ein bisschen zu doll, auch körperlich überanstrengt habe

und über ein gewisses Level rübergegangen bin,

dann weiß ich, dass es mir zwei Tage lang extrem schlecht geht.

Ich hab dann immer so ein Gefühl, als wenn mein Herz so ganz...

Also, normalerweise, man spürt ja sein Herz,

der brust eigentlich gar nicht, aber mein Herz fühlt sich richtig an.

Wie vielleicht kämpft man das, wenn irgendwie so am Fingernagel

was entzündet ist oder so?

Und so fühlt es sich in meinem Herzen an, und das ist einfach...

Das ist ganz schrecklich, und ich weiß dann immer schon so.

Einfach mal auf eine Weirdcrimes-Podcast-Aufnahme,

weil wir das mitgefilmt haben, hab ich hier selber einen Tisch,

ein Stück verrückt, und ich hab währenddessen gedacht,

boah, Scheiße, Luft, oh Gott, anstrengend.

Aber es ging grad nicht anders, mein Mann war nicht da,

wir mussten uns beeilen, also hab ich diesem Tisch verrückt.

Das sind Sachen von zwei Minuten, aber ich hab währenddessen gemerkt,

oh Gott, mein Puls geht irgendwie in Richtung 150, 160.

Es hat sich nicht gut angefühlt, und ich hab zwei Tage flachgelegen,

weil ich einfach zwei Minuten ein Tisch verrückt habe.

Und das ist halt so die körperliche Dimension,

in der ich mich gerade bewege.

Das ist ja wahrscheinlich auch was, was man so intuitiv

oder instinktiv dann auch macht.

Ich schieb grad mal schnell den Tisch,

dafür bist du mittlerweile schon mega sensibilisiert,

dass es nicht unbedingt immer geht, oder?

Manchmal gibt es Momente, da ist es wie so ein Reflex,

dass ich Dinge tue, die ich früher ganz normal gemacht habe.

Wie zum Beispiel auch einen Wasserkasten von links nach rechts stellen.

Aber dann gibt es auch Momente, wo ich einfach weiß,

du kannst es gerade nicht tun, weil sonst wird's dir extrem schlecht gehen,

du wirst dafür einen total hohen Preis zahlen.

Und dann gibt es aber auch Momente zugegeben,

wo fast so eine Art Trotzreaktion in mir drin so sagt,

ist mir jetzt scheißegal, ich mach das jetzt, weil ich bin einfach...

Also, wer bin ich denn, dass ich nicht ein scheiß Wasserkasten

von links nach rechts schieben kann?

Ja, und dann mach ich's halt trotzdem,

und dann kriege ich dann wieder die Quittung dafür.

thoodliche Musik

Magst du uns alle mal mitnehmen in die...

dann sagen wir doch einfach die Monate,

die vielleicht die zwei Monate vor deiner Infektion.

Das war so Oktober 2021?

Und zurückblickend war dein Leben in dem Moment

grad ziemlich nice, ne.

Ja, Pominemen war richtig echt toll.

Also ja, ich hab gerade schon

mich in eigentlich der schönsten Beziehung meines Lebens befunden nach vielen schlechten Erfahrungen

mit Männern. Ich habe nämlich Anfang Corona, also im Anfang 2020 habe ich meinen zukünftigen

Ehemann kennengelernt und zu diesem Zeitpunkt haben wir gerade in unseren Hochzeitsvorbereitungen

gesteckt und haben eine Reise gemacht nach Kreta und waren da ganz viel unterwegs und haben aber

eben auf Kreta eigentlich 24.7 damit verbracht zu planen, wie wir, wie wir uns das Jahrwort geben

werden. Und wir sind da jeden Tag irgendwie durch die Insel gefahren. Das Einzige, was ich sagen muss,

ich hatte zu diesem Zeitpunkt einen leichten Bandscheibenvorfall, der mich so ein bisschen

beeinträchtigt hat. Das heißt, ich war da vielleicht schon nicht mehr die Topfit der Person,

die ich davor war, aber ich war natürlich trotzdem einfach ein gesunder Mensch, der jeden Morgen

dann aufgestanden ist, gefrühstückt hat und da in dieser Zeit eben aufs Meer geguckt hat, dann

mit meinem Mann irgendwelche Ausflüge gemacht hat, geschnäuchelt bin und einfach dachte so, okay,

geil, das ist jetzt richtig krass so. Ich bin beruflich an einem unfassbar tollen Punkt mit

eben dem Podcast mit Weird Crams, was so gut gelaufen ist in dieser Zeit auch schon. Ich war

da nicht ganz so viel mehr unterwegs wie jetzt zum Beispiel vor der Pandemie, weil das muss man

einfach dazusagen, zum Beispiel so 2019 oder so. Da hat mein Leben daraus bestanden, dass ich wirklich

jedes Wochenende in mindestens einer anderen Stadt war, um dort aufzulegen. Dazwischen in der

Woche habe ich irgendwelche Drehtermine gehabt, habe meine Radiosendungen immer live gehabt,

habe Tausende Drehs und Veranstaltungen, eventuell live über eine Moderation von Konzerten. Also ich

war wirklich nur unterwegs, die ganze Zeit von morgens bis abends, jede Woche, jeden Monat. Ich

kann gar nicht zählen, wie oft ich im Zug saß oder im Flugzeug saß, um irgendwo hinzufliegen. Ich

war wirklich richtig so Jet Set des Grounds die ganze Zeit. Ja, dann eben durch Pandemie ist es

alles ein bisschen ruhiger geworden, habe ich wie gesagt meinen Mann kennengelernt, habe viel mich

eben auf Podcasts und so bezogen und dann kam der Oktober und das war dann der Monat, in dem

mein Mann und ich geheiratet haben. Am 2. Oktober so mit 70 Menschen, was natürlich während einer

noch laufenden Pandemie auch ein Risiko war und wir waren uns dessen bewusst, aber wir haben

wirklich alles getan. Jeder einzelne Mensch wurde getestet, der auf die Hochzeit kam und wir

haben da wirklich ganz toll aufgepasst und das hat sich auch niemand angesteckt. Das war zu dieser

Zeit so ein Blessing, weil wir dachten, oh Gott, es wäre so schlimm, wenn jetzt hier irgendwer krank

wird und das war auch die Zeit, in der so alle eigentlich dachten, okay, Impfung, das wird uns

davor bewahren, uns irgendwie anzustecken und da gab es noch zu dieser Zeit wirklich im Fernsehen

Berichte darüber, wenn Leute irgendwelche Impfdurchbrüche hatten und so. Das Thema war so, okay,

wenn du jetzt geimpft bist, dann wirst du dich nicht mehr anstecken und ich weiß, dass ich zu

diesem Zeitpunkt einfach wirklich dachte, okay, cool, alles entwickelt sich jetzt gerade in eine

richtig gute Richtung, ich habe die Liebe meines Lebens geheiratet, der Podcast wird immer größer

und Pandemie wird sich jetzt durch die Impfung irgendwie legen und das war eigentlich so der

Stand der Dinge. Wenn du da jetzt selber gerade drauf zurückblickst, wenn du das jetzt so erzählst,

was macht das mit dir? Ich glaube, ich habe es gerade ein bisschen versucht, nicht ganz so doll

emotional mir vorzustellen, sondern ich habe es mehr so, ich habe es mehr kurz einfach

reflektiert, was war da, aber wenn ich jetzt so richtig in das Gefühl reingehe, zum Beispiel,

wenn ich daran denke, was ich gedacht habe nach der Hochzeit einfach, was jetzt so auf mich

zukommt, also ich hatte vor mit meinem Mann eine Hochzeitsreise nach Kuba zu machen. Wir hatten

die Flüge schon geplant für Dezember, der Großteil seiner Familie wohnt auf Kuba und ich

wollte dort endlich quasi meine neue zweite Oma kennenlernen und meine zweite Familie sozusagen

und auch, was ich beruflich alles vorhatte, also zu diesem Zeitpunkt, ich habe halt nicht den Hauch

einer Ahnung gehabt, was da auf mich zukommt und das ist so ein schwerer Moment manchmal, dass ich

denke, die Hochzeitsparty war sozusagen die letzte große Feier meines Lebens und das ist so ein

verrückter Zufall, weil ich wusste es ja einfach nicht. Ich dachte, das ist jetzt der Anfang eines

neuen schönsten Lebensabschnitts der Welt für mich so und stattdessen weiß ich, dass ich um halb

fünf irgendwie total fertig war und gesagt habe, oh Gott, ich kann nicht mehr, aber ich will so gerne

für immer durchfeiern, aber ich habe dann irgendwann gesagt, ich muss jetzt, ich muss schlafen, ich

kann nicht mehr und im Nachhinein denke ich mir ganz, ganz oft verdammt, wenn du gewusst hättest,

was kommt. Ich hätte diese Nacht quasi niemals enden lassen wollen, weil einfach ja vier Wochen

danach ging einfach alles back ab und mein Leben war nicht mehr das, was es vorher war und alles,

was ich mir zu diesem Zeitpunkt ausgemalt habe, über mein Leben, egal ob in Bezug auf mein Beruf,

in Bezug auf meine Beziehung, in Bezug auf meine Gesundheit, mich, meine Psyche, alles ist halt

anders gelaufen, als ich es zu diesem Zeitpunkt geahnt und mir gewünscht hätte. Ich finde das

echt, ich finde es so krass einerseits, hast du manchmal den Gedanken, wie gut es wir das noch

gemacht haben, wie gut ist das Schicksal, dass wir das zu dem Zeitpunkt einfach noch gemacht haben

und nicht ein Monat später, gut, wir heiraten im November, aber so. Manchmal denke ich fast

so, als wenn ich vielleicht doch, wie so, das klingt jetzt vielleicht bescheuert, aber jetzt hätte

ich so eine Vorahnung gehabt, weil ich war auch so, also ohne jetzt, dass ich Druck gemacht hätte,

aber mein Mann, also ich nenne jetzt einfach auch mal Leon, bevor ich jetzt tausendmal mein Mann,

mein Mann, mein Mann sage, weil er hat ja auch einen Namen, der tolle Mensch. Leon hat mir ja erst

im Juni an meinem Geburtstag einen Heiratsantrag gemacht und die Spanne zwischen 22.06. und 2.10.

ist natürlich super knapp für eine Hochzeit mit 70 Leuten, die wir komplett alleine vorbereitet haben

und manchmal habe ich fast so ein bisschen das Gefühl, als wenn es dann doch so alles sein sollte,

weil was das mir an Sicherheit später gegeben hat, einen Ehemann an meiner Seite zu haben,

in der einfach schlimmsten Zeit meines Lebens, das ist wirklich noch mal was anderes, dieses

Commitment, was wir vorher hatten, dieses in guten wie in schlechten Zeiten, weil das sind halt so,

also wir haben ja gedacht, irgendwann im Leben werden uns mal die schlechten Zeiten begegnen,

aber dass die halt vier Wochen später anfangen, das wussten wir ja nicht, aber im Nachhinein

frage ich mich wirklich manchmal so, war das in irgendeiner Form Schicksal, dass wir beide uns

dazu entschieden haben, so schnell zu heiraten und ich bin auch immer wieder dankbar dafür,

weil ich denke so, es wäre alles, glaube ich, noch viel schlimmer gekommen und auch ich hatte halt

diesen einen großen Tag, ich hatte den einen der schönsten Tage, so clichémisch das auch ist,

aber das, was vielleicht auch manche Menschen niemals erleben können, weil sie vielleicht auch

gar nicht den Menschen finden, den sie heiraten wollen und das hatte ich halt und ich bin wirklich

unfassbar dankbar dafür, dass das vorher war und ich bin auch so krass dankbar, dass ich mich nicht

an diesem Tag angesteckt habe, muss ich auch sagen. Eine harte Bewerbungsprobe auf jeden Fall,

glaube ich, für so eine frische junge Ehe dann, was dann noch kommt, da sprechen wir auch aus

Füllichern nochmal an dem Podcast drüber. Jetzt steigen wir doch mal in das eigentliche Thema ein,

denn du hast dann im November Corona bekommen und das war ja tatsächlich, ich finde für jemanden

wie dich, du hast schon erwähnt, wir waren alle irgendwie geimpft zum zweiten Mal wahrscheinlich

auch schon und du bist auch eine Person, die sich immer für die Corona-Maßnahmen und auch das

Masken tragen in der Öffentlichkeit stark gemacht hat. Wie war das dann, als du die Gewissheit

hattest, dass du jetzt Corona hast? Ich muss vorher ganz kurz sagen, weil ich das krass finde, dass du

das ansprichst, dass ich mich eben stark gemacht habe dafür. Also ganz viele Leute denken ja von mir

so nach dem Motto, die liebt, das ihre Maske zu tragen. Ich habe es gehasst. Ich war eine von

diesen Personen, sobald ich aus dem Supermarkt raus war, habe ich die abgerissen und war so,

oh Gott, Freiheit. Also ich habe mir eingeredet, auch meine Augen würden drehen und so. Eigentlich

hatte ich ein richtig problematisches Verhältnis mit der Maske. Ich war jetzt nicht so, hey yo,

ich will für den Rest meines Lebens eine Maske tragen. Aber tatsächlich, also ich habe halt

gemerkt, wie sehr sich Leute aus absurdesten Gründen dagegen wären und deswegen habe ich

auch gedacht, hey komm, lass uns doch jetzt bitte, das ist die einfachste und wie auch mittlerweile

so oft nachgewiesen wurde, sicherste effektivste Maßnahme, um diese Scheißpandemie einzudämmen,

also lass doch bitte da alle durchgehen. Und deswegen ja, ich habe auch ansonsten versucht

irgendwie alles Mögliche, ich habe mich versucht zu schützen. Ich war vorsichtig, aber zu diesem

Zeitpunkt habe ich eben mich ein bisschen in Sicherheit gewogen und dachte so, hey komm,

ich bin zwar mal geimpft, es wird, also wird mich schon nicht treffen. Aber wahrscheinlich hast du

dich dann also in einem Moment auch angesteckt, wo du die Maske nicht getragen hast, oder?

Ja, definitiv. Also ich weiß ganz genau wo und ehrlich gesagt auch ganz genau bei wem ich mich

angesteckt habe. Es ist aber so, dass, also ich meine das erwartet ja auch gar keine von mir, aber ich würde

niemals sagen bei wem ich mich angesteckt habe, weil das ist auch bis heute etwas, was mir so

unfassbar leid tut, dass es dieser Person so unfassbar leid tut, weil das war keine fremde

Person und ich weiß, dass es für diese Person ganz, ganz schlimm ist und ich kann mir das auch

vorstellen. Also stell dir vor, du steckst jemand mit etwas an und die Person ist danach einfach

krank und wird nie wieder gesund und du machst dir Vorwürfe deswegen und ja, das ist super schwierig,

diese ganze Konstellation wie das vonstatten gegangen ist, weil zu diesem Zeitpunkt war man ja

noch an dem Punkt der Pandemie, wo man auch ständig nachverfolgt hat. Wer war wann, wie,

mit wem und da ist quasi in der Kommunikation ein Fehler passiert. Also jemand hat, obwohl er

schon wusste, dass er Covid hat, dass nicht dieser Person mitgeteilt, die dann quasi sich mit mir

getroffen hat und hätte diese Person, ist der anderen Person gesagt, dann hätte ich mich nicht

angesteckt zu diesem Zeitpunkt und das ist natürlich immer dieses so hätte wäre könnte,

aber ich bin da total in so einer Gedankenschleife gefangen, weil ich immer wieder denke verdammte

Scheiße, wenn dieser Mensch einfach Bescheid gesagt hätte, dann hätte die andere Person sich nicht

mit mir getroffen und ich hätte mich vielleicht nicht mit der Delta Variante angesteckt, die ja

nachweise ich einfach besonders schlimm war und besonders aggressiv mit dem Körper und den

Organ und einem umgegangen ist und das ist etwas, ich habe glaube ich wirklich auch ein richtiges

Trauma von diesem Tag. Also ich denke immer wieder, ich merke es auch, dass mir richtig das

Herz klopft, wenn ich jetzt mir das vorstelle, weil ich immer wieder, also ich weiß sogar,

ich weiß, welchen Pullover ich an diesem Tag an hatte, ich weiß, was ich für eine Frisur hatte

und ich weiß, dass ich immer wieder denke, hätte ich irgendwas quasi anders machen können, hätte

ich, ja, hätte ich mich davor bewahren können, aber ich kann es einfach nicht, weil für die meisten

anderen ist es ja so, ja, habe ich mich halt irgendwann mal mit Corona angesteckt und dann

war es das, aber für mich ist dieser Tag, dieser Moment und diese, ja, diese Minuten,

diese Stunden sind das, was mein Leben für immer verändert haben und ja, also es ist auf jeden

Fall ganz schwer, ich, ich habe wirklich große Probleme, daran zurückzudenken, weil ich immer

das Gefühl habe, es hätte nicht so passieren müssen, man hätte das quasi für mich verhindern

können, aber es konnte natürlich auch niemand ahnen. Das hat belastend, ich glaube, ich könnte

das auch nur ganz schwer loslassen, also hatten wir doch tatsächlich einmal dahin, wo du dann

Corona-positiv bist und ja auch sehr, sehr krank warst, ne? Also du hattest, es gibt ja verschiedene

Verläufe, aber deiner war schon ein bisschen heftiger. Ja, also es ging alles auch relativ

schnell. Ich habe mich in der Nacht von einem Mittwoch zu einem Donnerstag angesteckt und

mir ging es schon am Samstag ziemlich schlecht und ich habe gespürt, dass irgendwas nicht stimmt

und an dem Tag habe ich dann auch von der anderen Person erfahren, dass sie einen positiven

Schnelltest hat und meine Tests waren aber weiter negativ und die Nacht von dann dem

Sonntag zu dem Montag nach dem Tag, an dem ich mich angesteckt habe, war wirklich eine

der schlimmsten Nächte meines Lebens, weil zu diesem Zeitpunkt, ich habe ja schon geahnt,

dass ich mich angesteckt habe, aber der Test war negativ und ich habe immer noch gehofft

und dachte, ja, vielleicht ist das jetzt irgendwie Zufall und ich bin ins Bett gegangen und

ich hatte schon so, also ich hatte wirklich die schlimmsten, zerberstesten Kopfschmerzen

meines Lebens und habe irgendwann so krass Fieber bekommen in der Nacht, dass ich wirklich

einen Schüttelfrost aus der Hölle hatte, also ich konnte mich nicht mehr bewegen, meine

Zähne, also ich konnte nicht mehr aufhalten, wie sich mein Körper bewegt, meine Zähne

haben aufeinander geklappert, ich bin mitten in der Nacht wach geworden, weil mein ganzer

Körper gezittert und sich geschüttelt hat und ich habe erwähnt, dass ich diesen eigentlich

leichten, relativ harmlosen Bandscheibenvorfall hatte, der mit Physiotherapie auch gut im

Griff war und es war alles relativ, ja, es war so Aussicht, alles gut wird wieder so,

aber ich bin wach geworden und dadurch, dass mein Körper so krass gewackelt und gezittert

hat, ist mir, wie ich später erfahren habe, in dem Moment war es nur so, okay fuck, okay

fuck, irgendwas stimmt mit meinem Bein nicht und irgendwas ist hier gerade mit den Schmerzen

ganz anders als vorher und mir ist dann einfach in dieser Nacht von dem Fieber, also ich weiß

nicht mehr genau, aber ich glaube, ich hatte irgendwie auch so um die 40 Fieber und ich

hatte einfach quasi so einen Durien-Schüttelfrost, dass mir noch eine weitere Bandscheibe da

irgendwie rausgeknallt ist und dadurch ist ein oder mehrere Nerven wurden abgeklemmt

und das bedeutet, ich bin am Montagmorgen aufgewacht und ich konnte nicht mehr laufen plötzlich

und ich konnte nicht mehr auftreten, ich musste mich humpeln, durch die Gegend bewegen und

ich war so fertig wie, glaube ich, noch nie in meinem Leben, ich habe mich gefühlt, als

wenn jegliche Energie aus meinem Körper rausgezogen wurde und ich habe einen Test gemacht, der

war immer noch negativ und ich weiß, es kann doch nicht sein, es gibt mir so schlecht,

es ist doch alles ein Scherz und dann irgendwann, glaube ich, so um 13 Uhr oder so an dem Tag

habe ich dann irgendwie den dritten Test gemacht und dann war der so ganz, ganz leicht

positiv und dann war es endlich quasi, war die Gewissheit da und dann ging es halt eigentlich

erst richtig los.

Das von diesem krassen Schüttelfrost und Fieber und so, das war ja gerade alles der

Anfang.

Was kam bei dir dann noch auch die Sachen, die sich dann über diese eigentliche Corona-Zeit

drüber dann erstmal gehalten haben?

Was kam da alles?

Also was ganz schnell mich auch irritiert hat, war, dass ich so krasse, merkwürdige

Gefühle hatte in meinen Gliedmaßen, vor allen Dingen meine Hände haben sich die ganze Zeit

angefühlt wie dieses Ding, wenn du in den Schnee fest und danach die Hände wieder rausnimmst

und das einfach sich so, du weißt gar nicht, die heißen, die gehalten, was ist gerade mit

denen oder wenn du dir mit kalten Händen warmes Wasser drüber laufen lässt, ich hatte

eine ganz merkwürdiges Durchblutungsgefühl, das waren aber noch so Sachen, die waren für

mich aushaltbar.

Ich fand sie unangenehm, aber das war aushaltbar, aber dann war es halt krass, von einer auf

die andere Sekunde habe ich einfach eine Art von Herzrasen bekommen, wie ich das wirklich

noch nie in meinem Leben erlebt habe.

Also ich habe hier gelegen in meinem Bett genau, in dem Zimmer, in dem ich jetzt gerade sitze

und habe einfach gedacht, ich wäre gerade 10 Kilometer gesprintet so und hab die ganze

Zeit, es kann doch nicht sein, warum bin ich denn so außer Atem, warum rasst mein Herz

und ich habe mich am Anfang quasi selbst so medizinisch gegasleitet, weil ich mir gesagt

habe, hey, komm, Lati, du bist jetzt einfach nur paranoid, weil du Angst hast von dieser

Scheiße und du bist jetzt quasi eigentlich auf so einem Hypochonderweg, weil du einfach

nur so viel Schlimmes über Corona gehört hast, dass du Panikattacken hast und ich

habe wirklich, weiß ich noch genau zu Leon irgendwann gesagt, Scheiße, ich habe, weil

wir haben, genau, er ist dann hier in der Wohnung geblieben, aber wir haben uns halt so isoliert

voneinander, ich habe hier Quarantäne im Schlafzimmer gemacht und dann habe ich irgendwann zu

ihm gesagt, krass, weil ich so keine Ahnung, als Anfang 20-Jährige immer mal wieder so

ein bisschen mit Panikattacken zu kämpfen hatte und danach habe ich das aber, bin

ich das losgewonnen und dann meine ich zu ihm, Scheiße, ich glaube, ich kriege wieder

Panikattacken und das war mein Eindruck und ich konnte mir nämlich sonst gar nicht erklären,

warum rasst mein Herz in die ganze Zeit so und dann ging es halt auch los mit den Klassikern

von einer auf die andere Sekunde, war mein Geschmack und mein Geruch komplett ausgeschaltet,

also ich hatte nichts, mal nicht mal mehr den Hauch einer Ahnung, wie irgendwas riecht

oder schmeckt und auch wenn das jetzt für mich nicht weiter dramatisch war, aber ich

hatte wirklich den schlimmsten Schnupfen meines gesamten Lebens, also meine Nase ist einfach

nur die ganze Zeit vom morgens bis abends gelaufen und ich dachte auch schon, krass,

okay, schon irgendwie doll und im Zuge dessen ging es dann auch irgendwann los, dass so

in meinen Nasen Nebenhöhlen und in meinem Rachen und in meinen oberen Bronchen das angefangen

hat zu brennen und das wurde so schlimm, dass ich eigentlich durchgehend die ganze

Zeit entweder irgendwie in Bomberung lutschen musste oder was trinken musste oder inhalieren

musste, weil dieses Brennen hat mich wirklich unentverstand gebar, es hat nicht mehr aufgehört,

wenn ich durch die Nase eingeatmet habe, hat einfach alles in meinen Nebenhöhlen und so

und in meinen Stirnhöhlen gebrannt, dieses Brennen hat übrigens auch Monate angehalten,

kann ich schon mal spoilern, ich hatte jeden Tag Kopfschmerzen weiterhin aus der Hölle,

was ich auch hatte und das ist auch etwas, was mich extreme lasset hat von Tag 1 an war,

dass ich auch einmal Schlafstörungen bekommen habe und auch da dachte ich am Anfang so okay,

ist das jetzt einfach nur mein Kopf, ist es meine Psyche, habe ich Angst, bin ich jetzt

irgendwie zu doll gestresst, steige ich mich da rein, aber das war eine ganz andere Art

von Schlafstörungen, weil ich konnte das am Anfang gar nicht genau so zuordnen und

dann habe ich irgendwann festgestellt, okay das ist eine Art von Schlafparalyse, bedeutet

ich bin jede Nacht wach geworden und habe einfach stundenlang dargelegen, konnte mich

nicht mehr bewegen und habe quasi mit meinem wachen Geist in einem schlafenden Körper

an die Decke gestarrt in meinem dunklen Zimmer und war so what the fuck.

Aber echt ey und das hast du auch immer noch, ne?

Ich habe das einfach jetzt seit 14 Monaten und ich kann an einer Hand abzählen, inwiefer

Nächten ich das nicht hatte.

Wow, also man merkt es auch, weil im Vorfeld zu diesem Podcast hast du aus Recherchezwecken

mir so eine kleine Timeline über deinen Krankheitsverlauf gemacht und auch Sprachnachrichten

aus der Zeit geschickt, die du an Freundinnen und Freunde geschickt hast, das war dann

so um 3 Uhr nachts und da dachte ich schon oh man ey Lord die kann ich pennen, macht

dann ja auch Sinn was Sinnvolles zu machen und einer Sprachnachricht aus dieser Zeit,

also wo es gerade so, wo es dir gerade richtig schlecht ging mit diesen Schlafstörungen haben

wir.

Das Schlimmste ist eigentlich, dass ich einfach überhaupt nicht schlafen kann, habe mir jetzt

gerade bei der Notapotheke so Schlafmittel bestellt, weil ich einfach 2 Stunden gepennt

habe und alle halbe Stunde wieder aufwache und dann nicht mehr einschlafen kann und super

belastend.

Aber ich hoffe einfach so sehr, dass es ab morgen besser wird.

Boah, es ist auf jeden Fall ganz verrückt, das nochmal so zu hören aus dieser Zeit,

weil es natürlich wirklich wie so eine Art, es ist halt eine Art Audiotagebuch und deswegen

habe ich auch gedacht, dass ich das jetzt hier für den Podcast so zur Verfügung stelle,

obwohl es sich ein bisschen merkwürdig anfühlt, weil jetzt wirklich super private Nachrichten

sind, aber ich habe eben wirklich in diesen Wochen und Monaten von Anfang an immer mal

wieder meinen Freunden oder meiner Familie so Sprachnachrichten geschickt, in denen

ich einfach wirklich genau ungefiltert gesagt habe, was ich gerade fühle und ja, deswegen

das wird hier nicht die einzige Nachricht bleiben, die so ein bisschen aus der Zeit einfach

widerspiegelt, wie ich mich gefühlt habe.

Aber es ist für uns glaube ich auch total gut da, so einen direkten Einblick oder so

direkt in die Zeit zurückreißen zu können mit dir.

Nimmst du denn noch Schlafmittel?

Nee, zum Glück nicht, weil ich so viele andere Medikamente nehmen muss, dass ich Angst habe

quasi vor jedem weiteren Mittel, ich habe aber quasi einen Zwang entwickelt, der glaube

ich sowohl für eigentlich meine Haut, meinen Kreislauf und vor allen Dingen auch für

meine Portemonnaie nicht sonderlich gut ist, aber ich muss quasi jeden Abend, bevor ich

schlafe, in die Badewanne gehen und versuche mich da einfach irgendwie eine halbe, dreiviertel

Stunde so ein bisschen runter zu bekommen und dann habe ich halt so kleine Tipps und Tricks

irgendwie, dass ich wenigstens einschlafen kann, aber gegen diese Schlafparalysen,

ich habe da alles probiert, also von CBD und in der Zeit lang habe ich auch wirklich Beruhigungsmittel

und so genommen, aber das hilft alles nichts, also gegen diese Schlafparalysen kann ich

nichts machen.

Und als sie mich nämlich gefragt haben, wie es mir heute ging, ich hatte diese Art von

Schlafparalysen vor zwei Tagen eben zum allerersten Mal in Konstellation mit diesen ganz krassen

Herzschmerzen und das war eigentlich einfach die absolute Hölle, weil ich lag da und ich

habe gemerkt, wie krass mein Herz wehtut, aber ich konnte mich nicht bewegen und ich konnte

nichts machen.

Ich lag einfach eine Stunde da oder anderthalb und habe nur gemerkt, oh Gott, es tut so weh

und ich bin wach, aber ich bin auch nicht wach und das ist alles nur, ja.

Und ich habe ja, es ist so schlimm, wenn ich das höre in dieser Sprache nachher richtig

gesagt habe, ich hoffe, es ist morgen besser, das war im November 2021 und jetzt ist es

einfach bald ein und viertel Jahr später.

Auf jeden Fall hattest du schon in reinen Corona-Verlauf from hell.

Wann war dann der Punkt für dich, wo du auch tatsächlich dir vielleicht ärztliche Hilfe

geholt hast und gesagt hast, das ist jetzt nicht mehr normal?

Also ich habe ja zwölf Tage, also zwölf Tage lang waren meine Schnelltests positiv und

diese zwölf Tage habe ich hier in meinem Bett liegend verbracht und habe sogar irgendwie

währenddessen erst ein Podcast schon aufgenommen und so, wo ich auch im Nachhinein denke krass,

aber ich wollte dann irgendwie auch mich ablängen und ich wollte einfach auch, dass mein Leben

weitergeht, so wie bei allen anderen auch, das war auch mein Plan und ich bin dann am

13. oder 14. Tag bin ich hier quasi rausgehumpelt, weil mittlerweile war das auch so schlimm

alles mit meinem Bandscheibenvorfall, dass mein Bein schon taub wurde und ich quasi aus

der Quarantänezeit die ganze Zeit mit allen möglichen Ärzten und auch so Notfall, Hotlines

und so gesprochen habe, weil ich eigentlich hätte ich da schon ärztliche Hilfe gebraucht,

mir wurde aber gesagt, weil ich positiv bin, ne, gibt aber keine Möglichkeit sie zu behandeln

und ich war so, Leute, ich habe Lemungserscheinungen im Bein und da hieß es auch so ja, also wenn

sie gar nicht mehr auftreten können oder so oder ja plötzlich auch ihr Unterleib taub

wird oder so, dann können sie Krankenwagen rufen so, aber ja und deswegen, als ich hier

rauskam, war erst mal mein Fokus ganz krass nur auf, okay, ich muss mich um diesen Bandscheibenvorfall

kümmern und alles andere, dieses ganze komische Gefühl in mir, dass irgendwas anderes noch

nicht stimmt, das habe ich zu diesem Zeitpunkt erst mal weggedrängt und war so okay, gut

und dann bin ich zum Orthopäden, der hat gesagt, okay, sofort MRT machen, dann habe

ich einen MRT gemacht und dann war klar, okay, fuck, so nach dem Motto, da können wir

nichts mehr machen, das muss operiert werden, 100 pro, da sind die Nerven so weggequetscht,

das, also geht gar nichts mehr und ich war dann trotzdem auch beim, bin auch zu meinem

Hausarzt gegangen und hat ja mich untersucht und obwohl ich also auch wirklich gesagt habe,

ich habe irgendwie immer noch Herzrasen, ich kriege nicht gut Luft, ich fühle mich nicht

wohl, ich schwinne ich und so, hat der eigentlich mich wirklich nicht gut untersucht, sondern

hat mir eigentlich nur gesagt, ja, irgendwie, Sie haben eine Kehlkopfentzündung, Sie haben

eine Lungenfellentzündung und das fand ich schon irgendwie nicht so cool, aber dachte

mir auch, ja, okay, gut, es ist jetzt halt so, da gibt es wirklich viel schlimmere Sachen

und dann ging es aber darum, der Bandscheibenvorfall muss jetzt eigentlich so schnell wie es geht

operiert werden, weil ich quasi schon die ersten neurologischen Ausfälle so weit hatte,

dass wenn jemand auf meinen Beinen, also ich war bei so einem Neurologen und dieser klassische

Klopftrick, mein Bein hat sich nicht mehr nach oben bewegt, also da war ein Nerven schon

so ausgestellt, dass klar war, wenn ich jetzt noch weiter warte, kann es irgendwann sein,

dass es zu spät ist und ich dann wirklich so notoperiert werden muss.

Ich habe seit zwei, drei Tagen auch neurologische Ausfälle, ich kann kaum noch laufen, ich habe

wirklich unerträgliche Schmerzen, ich kann nicht mehr schlafen und der Autopädementer

heute, das ist einer der schlimmsten Bandscheibenvorfall, von der er je gesehen hat, hat nicht

verstanden, dass ich überhaupt noch stehen konnte und ja, ich habe morgen früh um neun

ein Termin in einer Rückenklinik bei einem Spezialisten und wenn es ganz schlimm kommt,

dann muss ich direkt notoperiert werden, vielleicht morgen, vielleicht übermorgen,

vielleicht Montag, ich weiß es nicht.

Bist du dann notoperiert worden?

Nee, bin ich nicht.

Wie ging es dann weiter?

Ja, ich war da in der Klinik und dann hieß es auch okay, wir müssen so schnell wie es

geht operieren, vier Tage später oder so habe ich den Termin gehabt, was zu diesem Zeitpunkt

auch super, super ungewöhnlich war, weil eigentlich alle nicht notfallmäßigen OP's eben abgesagt

wurden und dann hieß es, ich soll nochmal wiederkommen, einen Tag vor der OP, um alle

Vorbereitungen zu treffen und ich habe mich in diesen Tagen immer schlechter gefühlt,

ich habe immer mehr so, ich habe Herzrhythmostürungen bekommen, ich hatte schon mal in meinem Leben

Herzrhythmostürungen, deswegen wusste ich...

Wie geht euch vollkommen, wie fühlt sich das an, weil ich hatte noch nie welche und

ich finde selbst mit dem Begriff Herzrasen gehen Menschen ja sehr lachsum eigentlich

so, aber sag nochmal kurz genau, wie fühlt sich das an?

Also ich kann mich ändern, dass ich eben so 5, 6 Jahre vorher hatte ich mal so Stress,

Herzrhythmostürungen, die waren aber anders, also da habe ich richtig gemerkt, okay das

hat hier gerade was mit meinem Lifestyle zu tun und so, aber dieses Mal war es halt so,

es hat sich einfach so angefühlt, als wenn das Herz, man spürt es ja nicht, aber ich

habe plötzlich so eine Art Gong-Schläge gespürt, so wirklich genau in der Mitte der Brust

und da hat man dann auch wie so kurze Aussätze, also wie so ein, als wenn das Auto kurz,

dass der Motor ausgeht und dann muss kurz wieder angemacht werden, so hat sich es angefühlt

und dann einfach plötzlich so 3, 4 ganz schnelle Schläge hintereinander, da wieder dieser Gong,

da wieder dieser Aussätze und ich habe schon gedacht, oh fuck, irgendwie, das fühlt sich

jetzt gerade sehr, sehr merkwürdig an und das in Konstellation mit diesem, ich bin nicht mehr

zu hoch gekommen, also ich war die ganze Zeit so auf, okay, okay, was ist, warum bin ich so,

warum bin ich so unruhig, warum so, ich war die ganze Zeit auf eben, wie ich ja dann auch später

erfahren habe, wirklich 130 Puls, weil da habe ich das ja nur am Anfang irgendwie geschätzt,

gemutmast und dieses schwäche Gefühl ist einfach immer schlimmer geworden und ich habe

deswegen mich sehr unsicher gefühlt, mich auf diese OP einzulassen, also mein Gefühl hat

mir gesagt, mein Körper fühlt sich gerade nicht stark genug an, eine OP mit vollen Narkose und

Beatmung und so durchzustehen und deswegen bin ich dann am Tag der Vorbereitung, einen Tag vor

der OP war ich dann dort und eigentlich sollten nur klassische Narkosegespräche durchgeführt

werden und ich habe wirklich immer wieder zu allen, also zu dem Narkosearzt und auch zu dem

Orthopäden gesagt, Leute seid ihr euch wirklich sicher, weil es geht mir nicht gut, ja, ja, so

ist das halt nach einer Covid-Infektion, aber nichts Wildes und so und dann habe ich richtig

darauf beharrt und habe gesagt, kann bitte mal jemand irgendwo hier meinen Blutdruck messen

oder mich einfach mal ganz kurz so allgemein medizinisch nochmal untersuchen, wäre das

irgendwie im Rahmen des Möglichen so und dann war es so, ja, okay, alles klar, hier unten im ersten

Stock ist ein allgemein Mediziner, dann geht auch einfach dahin so und ich bin dahin und ich habe zu

diesem Zeitpunkt wie gesagt gespürt, dass es mir nicht gut geht, aber ich war auch da trotzdem

was so ein bisschen optimistisch, weil es mein Leben lang immer so war, wenn ich bei irgendwelchen

Ärztinnen oder Ärztinnen war, dass wenn ich ein schlechtes Gefühl hatte, war es am Ende trotzdem

fast immer so dieses, nee, also hier eigentlich ist alles gut so und das war mein Gefühl, dass der

am Ende sagen wird, nee, komm, ist alles in Ordnung, sie fühlen sich vielleicht nicht gut,

aber ihre Werte sind gut, weil das war eigentlich auch mein ganzes Leben lang so, meine Blutwerte,

mein Blutdruck, es war eigentlich immer alles gut bis auf ein paar mal ein paar doofe kleine

Aussätze. Wo man manchmal sogar im Leben ja manchmal sich sogar erhofft, dass irgendwo

irgendwas bei rauskommt, weil so Kleinigkeiten, wenn man das jetzt aber immer in Relation setzt,

ist das natürlich echt krass und haben die dann noch irgendwas gefunden? Es war ganz krass, weil

das ist eigentlich der nächste traumatische Moment für mich, also genau wie es dieser Moment ist,

als ich mich angesteckt habe und der Moment, als ich endgültig wusste, ich habe es jetzt,

ist das für mich ein ganz, ganz traumatischer Moment gewesen, weil der Typ, der Arzt, den ich auch

noch nie gesehen habe in meinem Leben, misst mein Blutdruck und normalerweise, der war auch schon

relativ alt und eigentlich war das wirkt das wie so ein ganz alter, in sich ruhender, weiser Mann

und plötzlich wurde der ganz nervös und dann hat er noch mehr Blutdruck gemessen und ich kannte

mich zu diesem Zeitpunkt noch nicht mal mit Blutdruck aus. Ich wusste immer nur, mein Blutdruck war

immer super und dieses Jahr irgendwas 120 zu 180 oder so, aber ich konnte erst mal gar nicht so

richtig damit anfangen, dass der dann irgendwie so aufgeschrieben hat, ja ich glaube zu diesem

Zeitpunkt war es irgendwie so bei 160, 120 oder 130, also vor allen Dingen der untere Wert war

extrem hoch, dann hat er mein Puls gemessen, da war ich irgendwie bei 150 oder so, obwohl ich da

einfach nur saß und ein normaler Ruhepuls liegt ja irgendwie so bei 60, 70, 80 meinetwegen, aber ich

war so weit davon entfernt und dann wurde der immer nervöser und war schon so, also haben

sie irgendwie Blutdruck probiert und sie Puls, irgendwas, bleib ich so, nee, nee, hab ich nicht,

eigentlich nicht und dann meinte er so, ja wir machen jetzt einen Nungenfunktionstest und

dann hat er mich wirklich angucken und hat gesagt, ja aber sie müssen doch da auch reinpusten und

ich hab gesagt, ja mach ich doch, mach ich doch und dann hat er irgendwie nochmal, nochmal Blutdruck

gemessen und auf einmal hat er mich wirklich angeguckt und war echt so, sie sind sehr,

sehr krank und also ich weiß noch, wie der mich angeguckt hat, also das war ein Blick, den werde

ich nie vergessen und vor allen Dingen, es hat wirklich keine drei Minuten gedauert und ich war

auf der anderen Seite des Krankenhauses einfach, lag ich auf einer Liege in der Notaufnahme und dann

ging alles eigentlich dann, also ab da wurde es dann alles irgendwie noch absurder und noch viel

schlimmer und ja. Wenn das mal kein Cliffhänger ist, Lotti. Ich glaube, wir müssen beide mal

durchschnaufen und sprechen in der nächsten Folge weiter, wie es dann weitergegangen ist. Ich hab

auch zu meinem normalen Puls jetzt auch wirklich noch, also Erinnerungspuls, ich hab jetzt nämlich

auch eine Pulsur, was ich natürlich früher nicht hatte, weil ich das nicht brauchte,

aber ich kann ja mal auf meinen Puls gucken, aus Spaß, weil also ich hab auch gerade erst vor

zwei, drei Stunden die Tablette genommen, die dafür zuständig ist, meinen Puls in Ruhr zu

behalten, aber es ist gut, also für meine Verhältnisse, ich bin bei 100, also könnte weniger

sein, aber es ist in Ordnung, also. Guck mal, dann kriegst du jetzt trotzdem von uns ein Break,

danke vis-à-vis, danke Lotti, bis hierhin. Das war die erste Folge von Fighting Long Covid und

das ist nur der Anfang. In Folge 2 beschreibt Vis-à-vis einen der, wie sie selbst sagt,

schlimmsten Tage ihres Lebens. Unter anderem bekommt sie eine Diagnose, die ihr Leben komplett

verändert und die sie ihr Leben lang begleiten wird. Könnt ihr euch jetzt schon anhören,

in der ARD Audio-Tek und überall, wo es Podcast gibt.

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Eigentlich war das Leben von Visa Vie gerade ziemlich nice, dann wurde sie krank. Schwer krank. Einen Monat nach ihrer Hochzeit beginnt ihre "gesundheitliche Achterbahnfahrt". Der Auslöser: Eine Corona-Infektion.